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Alles ist erleuchtet

Im Dortmunder Norden setzt man neue Akzente: Statt dunkler Ecken macht ein Projekt dort jede Menge Licht – „NordLichter“, die den Heimweg sicherer, aber vor allem auch sehr viel schöner gestalten.

20 Strahler sind an der Wand des Mehrfamilienhauses in der Brunnenstraße befestigt. In der Dämmerung beginnen sie langsam aufzuleuchten und die Fassade des Gebäudes in weißes und gelbes Licht zu tauchen. „Das Haus wird abends zu einem richtigen Hingucker“, erzählt Werner Hüsker. Gemeinsam mit seiner Frau ist er der Eigentümer des Hauses und stolzer Teilnehmer des Dortmunder Projekts „NordLichter“.
Schon seit Februar vergangenen Jahres erarbeitet die Stadterneuerungs- und Stadtentwicklungsgesellschaft (steg) NRW Lichtinstallationen für Gebäude in der Nordstadt und hat es sich damit zur Aufgabe gemacht, einem ganzen Stadtteil mit Leuchten und Strahlern seine Schönheit zu entlocken. Gemeinsam mit den Eigentümern und dem Lichtarchitekten Karsten Winkels entwirft sie individuelle Beleuchtungen für die Häuser. „Die Fassaden der Gebäude in der Nordstadt sehen zum Teil richtig toll aus. Durch die ausgeklügelte Bestrahlung kommen sie am Abend nun viel besser zur Geltung“, sagt Projektleiter Torsten Witte. „Aber es zählt natürlich nicht nur die Schönheit. Der gesamte Stadtteil wirkt nun freundlicher, und die Menschen hier fühlen sich abends auch viel sicherer auf den Straßen.“
Immer mehr Städte entdecken mittlerweile, dass man mit Licht noch viel mehr anstellen kann, als es einfach nur an- und auszuknipsen. Während verschiedene Orte mit verstärkter Ausleuchtung von großen Plätzen gegen die sogenannten Brennpunkte ankämpfen, hat sich Dortmund mit Lichtarchitekten und Lichtkünstlern zusammen getan, um die Stadt zu verschönern. „Die Lichtinstallationen sollen vor allem die Architektur betonen, um Dortmund als Ganzes ein freundlicheres Gesicht zu verleihen“, erklärt Udo Bullerdieck, Pressesprecher der Stadt Dortmund.
Das „NordLichter“-Projekt zählt mittlerweile stolze 46 Gebäude, die abends kunstvoll um die Wette strahlen. Dabei finden sich die Lichtinstallationen nicht nur an Privathäusern, sondern auch an Firmengebäuden, am Roto Theater, der Moschee oder Pauluskirche.
Gefördert wird das Projekt von einem Programm der EU, gesteuert von der Stadt, und bezahlt werden die Stromkosten von den Eigentümern selbst – oder zumindest das, was noch zu bezahlen ist. Durch die Nutzung der modernen LED-Technik sind die Kosten nämlich durchaus überschaubar. Zwar sind die Strahler in der Anschaffung nicht unbedingt ein Schnäppchen, aber dafür verbraucht eine dieser Leuchten im Jahr nur Strom im Wert von etwa zehn Euro und hält etwa 20 Jahre lang.
Das Ehepaar Hüsker kostet die Beleuchtung ihres Hauses in der Brunnenstraße nur 50 Euro im Jahr. Für Helga Hüsker ist der Beitrag – die Mieter müssen natürlich nichts extra zahlen – nicht der Rede Wert, denn schließlich sind die Rückmeldungen durchweg positiv: „Ich finde es toll, dass die Nordstadt auch in den Medien endlich einmal mit erfreulichen Schlagzeilen von sich Reden macht. Und unsere Bewohner fühlen sich auch viel wohler.“
Ähnliche Erfahrungen macht auch Projektleiter Torsten Witte: „Einige Nordstädter wollen sich beteiligen, weil sie das beleuchtete Haus vom Nachbarn beeindruckend finden.“ Viel Zeit bleibt den Interessenten jedoch nicht. Ende Juni 2008 läuft das Projekt aus. Neue Beleuchtungen werden dann nicht mehr angebracht. Doch die Häuser, die heute so schön leuchten, funkeln auch in Zukunft weiter. Die Lampen und Strahler sind schließlich für die Ewigkeit angebracht. Deshalb gehen in der Nordstadt abends auch nie so wirklich die Lichter aus.

Interview:

„Lichtverschmutzung ist ein großes Problem“

Lichtkünstler Thomas Haagen wurde in Dortmund geboren und lebt und arbeitet in seiner Heimatstadt. Besondere Aufmerksamkeit erregte er durch seine Licht-installation „Regenbogenbrücke“ an der A40. InDOpendent erklärte er, wofür Lichtkunst überhaupt gut ist.

Warum macht es überhaupt Sinn, sich so intensiv mit Licht zu beschäftigen?
Haagen: Ohne Licht, da sieht man nicht. Das ist der Kern. Wir brauchen Licht, um zu sehen und uns orientieren zu können und auch um uns sicher zu fühlen. Mittlerweile haben die Städte den positiven Effekt von Licht erkannt und setzen es immer mehr ein – oft eben auch in künstlerischer Form.
Man liest im Zusammenhang mit dem Thema Licht immer häufiger das Wort „Lichtverschmutzung“. Was ist damit gemeint?
Haagen: Lichtverschmutzung ist ein großes Problem. Das Streulicht, das ungenutzt in den Himmel abstrahlt, ist verlorenes Licht. Man kennt das ja von den großen hellen Lichtglocken über den Städten. Das Licht wird hier nicht optimal genutzt, und die Sterne kann man da schon mal gar nicht mehr sehen.

Wie wird die Lichtkunst denn von den Menschen wahrgenommen?
Haagen: Die Leute sind von besonderen Lichtinstallationen meist begeistert. Erst einmal vermittelt ihnen das Licht an Gebäuden oder in den Straßen eine gewisse Sicherheit oder auch eine stärkere Geborgenheit. Aber sie erfreuen sich manchmal auch einfach daran, weil es beim Anschauen den Augen schmeichelt.
Und was ist der besondere Reiz der Lichtkunst an Industriedenkmälern wie zum Beispiel im Industriepark Duisburg-Nord?
Haagen: In dem Wort ‚Denkmal‘ steckt es ja eigentlich schon drin: Die Menschen sollen der Geschichte gedenken, die hinter den Gebäuden steckt. Denn die Geschichte zeigt sich ja auch immer im Aussehen eines Bauwerks. Das funktioniert mit dem Einsatz von Licht natürlich super. Die Industriedenkmäler etwa finden durch die Beleuchtung größere Beachtung, zum Beispiel auch durch das Spiel mit verschiedenen Farben.

Wo fehlt Ihrer Meinung nach noch Licht in Dortmund?
Haagen: Ich finde, die Stadt Dortmund sollte an ihren Ein- und Ausfahrten besser markiert werden. Wenn ich etwa über die A40 nach Dortmund fahre, dann zeigt mir natürlich ein Ortsschild an, wann ich die Stadtgrenze überquere, aber eine zusätzliche künstlerische Markierung durch Licht empfände ich als sehr effektvoll und einladend.

Ein Artikel von Eva Zimmermann.

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